Darf ich vorstellen: Klaus
Klaus ist unser hauptamtlicher Gartenbewohner. Der, der im Moment als einziger das Recht dazu hat. Natürlich gibt’s auch jede Menge anderer Lebewesen dort, auf deren Aufenthalt haben wir aber keinen direkten Einfluss haben.
Klaus wohnte zunächst zusammen mit Nicole in einem Stall. damit kein Gerede bei den Nachbarn entsteht, natürlich in getrennten Zimmern. Die beiden sind zusammen im Frühjahr 2004 eingezogen, als sie noch ganz jung waren. Offenbar gewöhnten sie sich nur schwer an die neue Umgebung, sie waren sehr scheu, und auch wenn sie bei schönem Wetter die Tage im Freigehege verbrachten, mochten Sie sich nicht so recht an dem frischen Grün erfreuen, sie aßen überhaupt nur spärlich, gerade genug, um den dringendsten Hunger zu stillen. Wir probierten verschiedene Futtermischungen aus, brachten das Grünzeug von Karotten und Kohl aus Lidls Gemüsemülleimer mit und gaben auch schon mal ne Runde Möhren aus, bis wir scheinbar den Geschmack der possierlichen Tierchen gefunden hatten.
Geplant war in Zukunft auch Nachwuchs, der erste Wurf ging aber daneben, Nicole brachte vier Jungkaninchen zur Welt, die aber alle schon tot waren, als wir sie entdeckten. Na ja, es war schon kurz vor dem Winter und wir ließen sie nicht mehr zusammen. Das neue Frühjahr sollte neue Versuche bringen.
So lange wollte Klaus aber nicht warten. Eines Tages im Herbst, es war schon ziemlich frisch, vergaß ich nach dem Füttern, den Deckel des Stalles zu schließen. In unserer Abwesenheit hüpfte Klaus auf die andere Seite und fing an, sich wieder und wieder an Nicole zu vergehen. Als ich am nächsten Morgen in den Garten kam, saß er immer noch auf ihr drauf, schon etwas müde, aber zufrieden. Für Nicole war das aber offensichtlich zuviel. Sie bewegte sich kaum noch, fraß nicht mehr richtig und verstarb ein paar Tage später an den Folgen der Dauervergewaltigung.
Seitdem ist Klaus Single.
Es scheint ihm noch nicht mal so schlecht zu gefallen, denn er blüht seit dem Frühjahr richtig auf. Es regt ihn nicht mehr so stark auf, wenn ich ihn an den Ohren aus dem Stall ins Freigehege bringe. Früher blieb er dann erstmal minutenlang an der selben Stelle sitzen und fing erst dann an, herumzuschnüffeln; heute kennt er sich schon aus und fängt direkt an, die süßen Kleeblüten abzuknipsen, die ihm wohl am besten munden. Einmal ist er ausgebrochen und hat sich als erstes in ein Gebüsch geschlagen. später überlegte er es sich aber scheinbar doch anders und kam von alleine zurück in Richtung Stall. Trotzdem dauerte es noch mehrere Stunden und einiges Stochern in den Hecken, bis wir ihn auch wirklich wieder dorthin bringen konnten. Zumindest verspürte er aber keinen Grund, den Garten insgesamt zu verlassen. Wozu auch, würde ich mich fragen, auf der angrenzenden Bundesstraße hätte er ohnehin keine großen Überlebenschancen.
Jedenfalls scheint dies der schönste Sommer seines Lebens zu sein. Er ist sichtlich entspannt und macht sich lang, wenn es besonders warm ist; er springt ausgelassen im Freigehege herum, als wolle er sich auch körperlich fit halten; er freut sich am fetten Grün unserer bunten Wiese, die bei dem derzeitigen fruchtbaren Wechsel von Regen und wärmender Sonne selbst mir einen Eindruck von Wohlgeschmack und Nahrhaftigkeit vermittelt.
Er darf das gerne genießen - friss, Junge, friss! Wenn es wieder Herbst wird, suchen wir den passenden Topf für ihn aus, hoffentlich ist er bis dahin schön fett.
Yooee - 2005-07-12 13:08 - Steht unter: