Freitag, 19. Dezember 2008

Wenn es nur der Virus wär... (2)

Vater A. verbringt also den ganzen Tag im Krankenhaus, ebenso wie Frau und Kind. Abgesehen davon, dass er eigentlich nichts anderes zu tun hat und auf Kosten aller Arbeitnehmer anscheinend recht zufrieden vor sich hinlebt, wird sein Zeitplan unter anderem vom Fernsehprogramm mitbestimmt. Wenn nachmittags die eine oder andere bestimmte Talkshow unter Mitwirkung seiner Zunftkollegen (man könnte auch sagen: arbeitsunwilliger ALG II-Empfänger) läuft, hat das Kind nicht laut zu sein. Jeder Behandlungsschritt, den die Schwestern ungeschickterweise in so einen Zeitraum legen, kommt Vater A. sichtlich ungelegen. Und abends muss er bis viertel nach 7 oder halb 8 bleiben, damit Mutter A. noch in Ruhe "Postars" oder sonstwas wichtiges sehen kann.

Zufällig ist auch noch eine Cousine von Vater A. oder Mutter A. auf einer anderen Station des Krankenhauses mit ihrem Kind. Die schaut auch gern mal mit ihrem Mann auf 2 oder 3 Fünf-Minuten-Terrinen vorbei ("Habt ihr auch was Chinesisches da?"). Wieso werden die Kinder von solchen Menschen gleichzeitig mit unseren krank? Eins ist klar, bei denen kommt es ganz sicher nicht vom zu häufigen Zimmerlüften!

Heute Abend lös ich Z. erstmal für eine Nacht ab. Wahrscheinlich folgt danach eine weitere Fortsetzung der Beitragsserie mit Neuem aus Assiland. Vielleicht überraschen sie mich auch damit, dass heute abend die lange Wissenschaftsnacht auf BR-Alpha ansehen. Oder ich verlieb mich in Mutter A., kündige meinen Job und zieh bei denen mit ein. Dann muss eine Fortsetzung erstmal ausfallen, denn auf einem Fernseher mit RTL2-Zwangsprogramm kann man keine Beiträge bloggen.

Wenn es nur der Virus wär... (1)

Die Viren haben Hochsaison und auch Familie Yooee ist vollzählig dabei. Während der Verdacht auf Lungenentzündung nach der Bronchitis sich bei Julius letzten Freitag zum Glück nicht bestätigt hatte, musste Nicolas, ebenfalls mit Bronchitis, am Mittwoch einfahren. Zehn Wochen Leben sind zuwenig, um so einer Packung Viren und Bazillen ganz allein zurechtzukommen, da sollte man ruhig ein paar Tage in der Nähe der Ärzte und Schwestern bleiben. Passt natürlich super rein in die Vorweihnachtszeit, aber wann passt sowas überhaupt? - Also ist es auch grad egal.

Nach der ersten Lungenentzündung von Julius ist das nun das zweite Mal, dass wir (hier: erstmal Z. und Nicolas) das Zimmer mit Leuten teilen müssen, die man zwar gelegentlich mal bei der Wochenzusammenfasssung der Assi-Talkshows sieht, von denen man aber hofft, ihnen nie im richtigen Leben zu begegnen. Ist man wegen Vollbelegung der Kinderstation, die auch jede Hoffnung auf eine separate Unterbringung zunichte macht, dazu gezwungen, mit ihnen ein Zimmer zu teilen, kommt man schnell in den Bereich der Überdosis. Mutter A.'s siebenmonatiger Junge NJ* hat den gleichen Virus wie Nicolas, was uns auch das Glück des gemeinsamen Weges beschert. Wahrscheinlich ist es für sie im Krankenhaus genausogut oder noch besser als zuhause, denn sie hat es sich richtig gemütlich gemacht: Fernseher mit ordentlicher Diagonale mitgebracht, damit man auch gut was sieht (wie zuhause), Waschen oder gar Duschen ist für die paar Tage nicht nötig (wie zuhause), Essen steht in Dutzenpackungen im Schrank: Fünf-Minuten-Terrinen, Mars&Snickers, Nutella und Weißbrot (alles wie zuhause).

Treusorgender Vater A. kommt täglich morgens gegen halb 8 und bleibt bis abends halb 8. Nicht, dass er sich dafür hätte Urlaub nehmen müssen, und ein paar Tage der Jahresfreizeit opferte - Zitat: "Das Kind ist jetzt erstmal wichtiger, da muss das Arbeitsamt eben mal ein paar Tage warten." Aha. Schon klar. OK, jeder kann mal den Job verlieren, aber wir haben schon nach den paar Tagen den Eindruck, dass sich sein Einsatz, wieder in Beschäftigung zu treten, in gewissen Grenzen hält.

Abends bringt er seiner Frau gern mal einen Döner mit, nur für den Fall, dass sie zwischen Fünf-Minuten-Terrinen schlürfen, Schokoriegel reinstopfen und Cola trinken mal dazu kommt, den auch noch zu essen. Bratenduft und Tsatsiki leisten nur einen unwesentlichen Beitrag zu den Gerüchen, die Mutter A. und Vater A. sonst noch so zu einem betäubenden Raumparfüm kombinieren. Kombinieren deshalb, weil wir vermuten, dieser Geruch kann unmöglich entstehen, indem man in nur ein EINER Körperfalte langandauernd Krümel sammelt. Da muss es aus allen Ritzen und Öffnungen dünsten! Wie zum Beweis zumselt Mutter A. vor der Nachtruhe schonmal alle Fussel aus ihrem Bauchnabel zusammen, riecht aber noch kurz daran, bevor sie sie unter die Elternliege schnippt, wo schon die leeren Coca-Cola- und Mezzo-Mix-Flaschen liegen.

(Fortsetzung folgt.)

- erstellt auf der Basis von eigenen Beobachtungen und Z.'s Niederschrift vom Ort des Geschehens -



* Name des Jungen: ein aus zwei Vornamen zusammengesetzter Name mit insgesamt 4 Silben. Beide Vornamen kommen vermutlich aus verschiedenen Ländern/Kulturkreisen, mit denen vermutlich keines der Elternteile etwas zu tun hat.

Bockbierbowle

- eine frage der richtigen mischung -

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