Halbgötter in weiß - und die andere Hälfte?

Dass Z. vor einem guten Jahr das Bein gebrochen hatte, ist ja schon dokumentiert. Aus der Behandlung dieser ärgerlichen, recht schmerzhaften und in ihrer Situation sehr störenden Verletzung hatte sie noch ein paar Metallteile im Unterschenkel, die in dem Krankenhaus, wo sie verbaut wurden, auch wieder rauskamen. Ein paar Tage Aufenthalt, derer früher Höhepunkt die Operation mit einem größeren und zwei kleinen Schnitten war, und die SAche war erstmal gegessen.

Heute vormittag wurden die Fäden gezogen. Sowas kann ja der Hausarzt (im folgenden Arzt genannt).

Mal ne Zwischenfrage: Wo kann man sich eigentlich beschweren, wenn Arzt Scheiße baut? Verband der Arztbenutzer? Gibt es sowas?

Arzt kam also rein, schaut sich die Narbe

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an, und sagte den bekannten Satz: "Sieht ja alles ganz gut aus." - und ging weg.

Es war an der Sprechstundenhilfe, die Fäden zu ziehen. Da die Wunde absichtlich so genäht war, dass die Narbe des ersten Schnitts möglichst kleiner wird, kam ihr offensichtlich die Naht spanisch vor. Sie schnitt mit dem Scherchen an einem Ende auf und zog an einem Ende des Fadens. Normalerweise würde durch den Zug am Ende der ganze Faden herauskommen. Der Faden war aber etwas eingewachsen und klebte fest, also riss er ab, und die bemühte Dame hatte nur ein Stück davon an der Pinzette. Die Abrissstelle hatte sich wieder in die Wunde zurückgezogen.

"Oh", sagte sie, das scheint doch etwas schwieriger zu werden. Ich mach mir jetzt erstmal Licht an (sic!) bis dahin hatte sie das Knie einfach in die Nähe des Fensters gehalten. Nach etwas herumgezupfe, bekam sie das geflüchtete Ende nicht mehr zu fassen und rief Arzt. Arzt schaute auch nochmal kurz hin, und sagte: "Wir lassen das jetzt mal so, denn der Körper stößt Fremdkörper ja auch von alleine ab. Wenn was ist, kommen Sie einfach nochmal vorbei."

Z. ging nach Hause, rief mich an, um mir zu sagen, dass sie wieder zurück sei, und es werde schon von alleine werden. Sie wunderte sich nur etwas, dass, obwohl die Wunde an einigen Stellen nässte, weder ein Desinfektionsmittel noch eine Heilsalbe oder ähnliches aufgebracht worden war. Na ja, wenigstens hatte die Sprechstundenhilfe nach einiger Zeit LIcht angemacht und nochmal einen Tipp gegeben: "Und nicht zuhause mit den Fingern rumpiddeln!"

Nein, mit den Fingern nicht, aber eine Pinzette haben wir auch zuhause. So "piddelte" Z. noch etwas an ihrem Knie herum, bevor sie sich großflächig mit Desi einsprühte, und siehe da, da kam noch einiges raus. Wenn man genau hinschaut, kam mehr raus, als bei Arzt und seiner Sprestuhi geblieben war:

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Zwei gezwirbelte Stückchen, deren längeres auf über 5 cm kam.

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Darf ich mal die Frage stellen: Ist ein Arzt an Bord? An den Arzt hätt ich jetzt noch mal ne Fachfrage: Wenn der Körper so ein Stück alleine abstoßen kann, wieso muss man Fäden überhaupt ziehen lassen? Überhaut: Wenn der Körper So toll ist im Fremdkörperabstoßen, wieso mussten die Nägel und Schrauben überhaupt rausoperiert werden?

Die werde Leserschaft möge sich gebeten fühlen, dieses Posting an jeden ihr bekannten Arzt weiterzuleiten. Kommentare sind auch anonym möglich - ich würde diese Art der Behandlung gerne auf dem nächsten Chirurgen- und Hausärztekongress in Daytona Beach oder Torremolinos oder LIssabon (oder wo eben sonst viele Golfplätze in der Nähe sind) diskutiert wissen.

Ich kanns irgendwie immer noch nicht glauben, wie sorglos hier mit so etwas umgegangen wurde. Is schon Quartalsende oder was?
marbot - 2006-08-28 23:03

Na ja, das klingt etwas schlampig gemacht - v.a. sollte das eher doch nicht die Arzthelferin machen, hätte ich gedacht.
Andererseits - ein Disaster wäre es nicht geworden. In der Regel können Fäden kein großes Unheil anrichten, aber man möchte halt nicht zuviel Fremdkörper in Körper lassen. Und das Ziehen der Fäden ist ja normalerweise keine große aktion, also zieht man sie. Im Gegensatz zu selbst resorbierenden Fäden, die natürlich nicht gezogen werden, weil sie sich selber auflösen.
Metall muss man tatsächlich nicht unbedingt entfernen - aber auch da: Weniger Fremdkörper ist doch besser und die meisten Menschen wollen so etwas auch loswerden. Aber grundsätzlich wäre es keine Katastrophe, das Metall drinzulassen...

Yooee - 2006-08-29 08:17

Nein, Katastrophe wahrscheinlich nicht, aber "schlampig" find ich eigentlich schon nicht mehr akzeptabel, wenn es um eine Heilbehandlung geht...
marbot - 2006-08-30 11:22

Es gibt schlimme Kunstfehler - und oft sind die auch bei gutem Willen nicht mehr verständlich. Der Presse war zu entnehmen, dass vor wenigen Wochen in Hamburg ein gesundes vierjähriges Kind wegen eines Behandlungsfehlers bei einer Routine-OP gestorben ist - ich habe den genauen Ablauf in der Zeitung gelesen und habe auch als Arzt in einem anderen Fachgebiet nicht verstanden, wie soetwas passieren kann - und es ging mir tagelang schlecht deswegen, wahrscheinlich weil mein Sohn auch fast im gleichen Alter ist.
Aber dass Fehler passieren, wird immer vorkommen, wenn Menschen am Werk sind - und eigentlich hat sich inzwischen herumgesprochen, dass wir keine Halbgötter, sondern ganze Menschen sind, wenn auch manchmal in weiß. Und wenn einzelne Dinge von Maschinen übernommen werden, wird es auch nicht unbedingt besser - die Kliniken, die diese OP-Roboter eingesetzt hatten, werden gerade mit Haftungsklagen deswegen überhäuft.
Das Problem ist, dass wenn ein Beamter im Finananzamt einen Fehler macht, sich der Steuerzahler entweder (selten) freut oder (viel häufiger) beschwert. Und wenn Ärzte Fehler machen, sind die Folgen oft schlimmer. Da geht es fast nur noch den Piloten schlechter, aber die kommen ja meistens mit um, Ärzte seltener - obwohl ich denke, dass die Kollegin in Hamburg wahrscheinlich jetzt sehr dicht am Suizid ist.
Yooee - 2006-08-30 13:53

Glaub mir, ich habe größten Respekt vor der Verantwortung, die ein Arzt übernimmt, wenn er einen Menschen behandelt - in welcher Situation auch immer. Abgesehen davon, dass ich auch immer wieder gesagt habe, jemand wie ein Chirurg soll unbedingt angemessen bezahlt werden, wenn er - wie in diesem Fall Z. ermöglicht hat, nach dem Beinbruch so behandelt zu werden, wie es dem Stand der Forschungentspricht. Ich bin auch selbst schon ähnlich versorgt worden und hatte zum keinem Zeitpunkt Zweifel, dass man das bestmögliche mit meinem Bein anstellt.

Es ist auch klar, dass Fehler passieren, aber in diesem Fall und bei der vielleicht als Nebenächlichkeit angesehenen Mini-Behandlung des Fädenziehens sieht es einfach nach Desinteresse aus. Das gibt einen schlechten Beigeschmack.
Budenzauberin - 2006-08-29 16:10

Schlampig finde ich das allerdings in der Tat auch.
Und erinnert mich an unsere damalige Hausärztin, die sich innert kürzester Zeit dreimal (3x!) bei unserer Mittlersten solche Hämmer geleistet hat:
- einen Lippenherpes nicht als solchen erkannt, der wurde dann innerhalb 2 Tagen dermaßen schlimm, daß wir (Wochenende) zur Notfallambulanz mußten, wo sie dann höchstdosiertes Antibiotika bekam. War am nächsten Tag dann so gut wie weg.
- einen sich über mehrere Wochen hinziehenden und sehr quälenden Husten abgetan mit "ein derzeit umhergehender hartnäckiger Virus", keine Medikamente verschrieben. Nach 8 Wochen wurde eine Lungenentzündung diagnostiziert. Antibiotika.
- einen sehr juckenden und quälenden "Hautausschlag" an den Händen tat sie mit "kommt von der trockenen Zimmerluft" und einer Feuchtigkeitscreme ab. Als es nach einer Woche nicht besser wurde, Hautarzt aufgesucht, der nach einem Blick sofort erkannte, daß sich das Kind die Krätze eingefangen hat. Durch das Verschleppen hat sie mittlerweile unschöne Narben an Armen und Beinen.

icke ;) (Gast) - 2007-09-18 00:40

@Budenzauberin :

Soweit ich weiß kommt die Krätze selten vor und ist schwer zu erkennen.
Aber zum Hautarzt hätte sie das Kind schon mal schicken müssen, anstatt das einfach so pauschal mit "trockener Luft" abzutun. Das ist etwas zu einfach !
Zumindest hätte sie sagen sollen, dass der Hautarzt aufgesucht werden sollte, falls es noch länger anhält oder schlimmer wird.

Lungenentzündungen sind ebenfalls soweit ich weiß nicht ganz einfach zu erkennen.
Es bringt auch nichts, sofort bei jedem Husten Antibiotika zu verschreiben. Dies ist oft sinnlos, da Antibiotika bei Viruserkrankungen nicht wirksam sind und bei bakteriellen Erkrankungen ja auch erstmal getestet werden müsste, ob das jeweilige Antibiotika überhaupt gegen die vorhandene, pathogene Bakterienart wirksam ist. Der leichtsinnige Umgang mit Antibiotika macht diese unwirksam, da sich immer mehr resistente Stämme entwickeln, so dass das Antibiotika bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Blutvergiftung etc dann nicht mehr hilft und man dann hilflos da steht. Also selbst wenn sie "etwas" verschrieben hätte, wäre also gar nicht klar, ob das überhaupt etwas gebracht hätte. Es hätte erst die Wirksamkeit abgeklärt werden müssen.

Lippenherpes (ein Virus) nicht zu erkennen verstehe ich allerdings nicht. Soltle nicht so schwer sein ?! Und wieso Antibiotika ? Kam es zu einer bakteriellen Folgeinfektion ?? Gegen Viren wirken Antibiotika jedenfalls nicht.

Die Wahrheit ist, man ist für sich selbst verantwortlich. Viele (nicht alle) Ärzte betreiben ihre Diagnosestellung teilweise etwas arrogant, und hören nicht auf den Patienten, obwohl dieser seinen Körper am besten kennt. Habe letztens im Spiegel oder Stern ein Interview mit einem Medizin-Professor der Uni-Harvard gelesen, der gerade diesen Sachverhalt stark bemängelt.
Man kann sich nicht vollkommen auf den Arzt verlassen. Hat man den Eindruck, dass irgendwas nicht stimmt oder der Arzt nicht weiß was los ist, dann sollte man einen anderen Arzt aufsuchen.

lg

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